Jahrestagung der AGMB 2006 – Call for Papers

Von Christiane Wagner:
Die diesjährige Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für medizinisches Bibliothekswesen e.V. findet auf Einladung der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek vom 25. bis 27. September 2006 in Jena statt.

Zurzeit bereitet der Vorstand der AGMB das wissenschaftliche Programm für die Tagung vor und lädt alle engagierten KollegInnen ein, mit eigenen Beiträgen zur Vielfältigkeit der Tagung beizutragen. Das Tagungsmotto lautet Medizinbibliotheken: Innovationen im Alltag.

Bisher sind Beiträge zu den Themen Medizinische Recherche und Ergebnisverwertung, E-Books, E-Journals und Nationallizenzen, sowie Erfahrungsberichte geplant.

Bitte senden Sie Ihre Vorschläge bis zum 15. Juni 2006 an die Vorsitzende der AGMB:

Frau Dorothee Boeckh
Medizinisch-wissenschaftliche Bibliothek
Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg
Klinikum Mannheim GmbH – Universitätsklinikum
68135 Mannheim
Email: dorothee.boeckh@bibl.ma.uni-heidelberg.de

Weitere Informationen zur Tagung finden Sie unter: http://www.thulb.uni-jena.de/agmb.html

Abstimmungsergebnis: Was ist Open Access?

Auf die Frage „Was, denken Sie, ist Open Access?“ (15.3.-22.4.) antworteten 46 Personen. Mit weitem Abstand großem Vorsprung folgten die meisten dem Steuerzahler-Argument. Steuerzahler haben das Recht auf Open Access zu den Forschungsergebnissen, die mit ihren Steuermitteln finanziert wurden. Oder anders: Steuerzahler müssen nicht zweimal für Artikel bezahlen, einmal über die Steuer, einmal über die Subskription. Über ein Viertel denkt, es wäre die Lösung der Zeitschriftenpreiskrise. Dies ist nicht unumstritten. Die Cornell-Studie (s.a. Plutchak) legt nahe, dass eine Universität bei einem kompletten Übergang von Toll Access-Zeitschriften zu Open Access-Zeitschriften mehr bezahlen müßte als zuvor. In der Übergangszeit hätte man zudem noch einen zusätzlichen „Investitionsbuckel“. Peter Suber hingegen preist Open Access als Lösung der Zeitschriftenpreiskrise „mit einem Schlag“. Jeder möge sich selbst ein Bild machen, auch über die Auswirkung für Bibliotheken: Wenn alle Forschungsergebnisse open access wären, bräuchten Medizinbibliotheken weniger Etat (-80% bis -90%) für Zeitschriftenerwerbungen und weniger Personal.
15% sind skeptisch, entweder weil sie OA nicht als lebenfähig ansehen oder – im Gegenteil – es so lebensfähig ist, dass es letztendlich wieder im Schoß der Verlagsindustrie landet. Weitere 15% unterstützen die ethischen Fragestellungen: Krankenversorgung/Klinische Studien/Dritte Welt. Open Access gibt es ja nicht nur im Fachgebiet der Medizin, sondern in allen Fachgebeiten, aber gerade in der Medizin wird die ethische Dimension deutlich. Peter Suber hat dazu in einem persönlichen Kommentar (Punkt 5, unten) geschrieben:

I’ve used online medical research for myself and for close relatives. […] I often learn more from this first-hand reading than I learned from my family doctor. […] This benefit is small compared to the benefit of open access *for researchers*. It’s small even if there are a lot of people like me who benefit from doing their own online research. The reason is simply that open access by medical researchers will help everyone by accelerating the progress of medicine, while open access by individual sufferers will only help a much smaller number of people and in much less significant ways. (Hervorhebungen von mir)

Ergebnis im Detail:
– Steuermittel richtig eingesetzt 41% (19 Votes)
– Die Lösung der Zeitschriftenpreiskrise 26% (12 Votes)
– Kein tragfähiges Geschäftsmodell 9% (4 Votes)
– Mehr Profit für clevere Verlage 6% (3 Votes)
– In der Medizin eine Frage von Leben und Tod 6% (3 Votes)
– Ein ethisches Gebot klinischer Studien 4% (2 Votes)
– Eine Chance für die Dritte Welt 4% (2 Votes)
– Der Tod der Bibliothek 2% (1 Votes)

Neue Abstimmung: Nachschlagewerk in print oder online?

Liebe medinfo-Leser, ich habe ein Problem. Das bekannte, etwa alle vier Jahre erscheinende Arzneimittel-Nachschlagewerk eines großen Verlags erscheint demnächst neu. Ein Nutzer hat es bereits desideriert. In gedruckter Form kostet die umfangreiche Enzyklopädie ca. 500 Euro, der Preis ist angemessen. Also kein wirkliches Problem – oder? Ich kaufe es natürlich. Wenig später kommen aber die ersten Zweifel, ich fange an nachzudenken (immer schlecht):

  1. es kommt sowieso kein Arzt mehr in die Bibliothek
  2. erst recht nicht, um etwas nachzuschlagen
  3. erst recht nicht in einem mehrbändigen Werk, wo der Patient gerade draußen vor der Tür steht oder mit schweren Nebenwirkungen auf der Intensivstation liegt.

Also gut: Dann kaufe ich halt den Online-Zugang. Preisangebot eingeholt – und seitdem raucht der Kopf: Online will der Verlag entweder 650 Euro pro Jahr haben (Lizenz) oder einmalig 2.600 Euro (Kauf) plus 120 Euro jährliche Nutzungs- und Updategebühr. 😯 Was soll ich nun bitteschön machen? Zwischen Skylla und Charybdis würde man sich vermutlich wohler fühlen. Nun sind Sie dran: Rechts oben können Sie angeben, welche Version Sie erwerben würden.

Charité und Marburger Bund erzielen Einvernehmen

Klingt intelligent, was die Charité da macht, um größeren Schaden abzuwenden: Die Tarifpartner haben sich auf einen Vorschalttarifvertrag verständigt, der zunächst eine Interimslösung darstellt. Sollte der Marburger Bund mit der Tarifgemeinschaft der Länder TdL zu einem Abschluss kommen, kehrt man umgehend an den Verhandlungstisch zurück. Die einen werden es mit Freuden hören: Endlich ein Vorbild für die anderen Häuser! Andere werden sich wohl ärgern.

Traumforschung versus Hirnforschung

In der Mittwochsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (19.04.2006, Nr. 91, S. N3) stellt Wolfgang Leuschner die psychologische Traumdeutung der modernen Neurowissenschaft gegenüber.

Es geht ihr [der Neurowissenschaft] nicht mehr bloß um das Wissen über verbesserte Eingriffsmöglichkeiten in die Funktionskreise des Gehirns, um Krankheiten zu heilen. Sie selbst ist auch keine klassische medizinisch-wissenschaftliche Disziplin mehr. Kartellartig mit Industrien und anderen Forschungskomplexen, mit Wirtschaft und Militär verzahnt, hat sie im Blick, das menschliche Gehirn und seine Funktionen materiell umzugestalten.