PARIS/HAMBURG* Frankreich macht Ernst: Das Nachbarland will als erstes europäisches Land ein Gesetz einführen, das die Verwarnung von Internet-Piraten durch die Internet-Anbieter (Provider) legitimiert. PDF-Datendiebe sollen sogar aus dem Netz „ausgesperrt“ werden. Aus Sicht des deutschen Verlagswesens und von Urheberrechtsschützern schlüpft Frankreich damit in die Vorreiter-Rolle. Der Gesetzesentwurf, den der französische Ministerrat am 18. Juni zur Bekämpfung der „gewöhnlichen“, also nicht gewerbsmäßigen Internet-Piraterie vorgelegt hat, sieht eine Drei-Punkte-Regelung vor:
- „Kleinen Piraten“, die gelegentlich illegal verbreitete wissenschaftliche Artikel, Protokolle, Dissertationen oder generell PDFs aus dem Internet herunterladen oder sich gegenseitig zumailen, soll zunächst in einer persönlichen E-Mail-Warnung nahe gelegt werden, dass sie ihre urheberrechtsverletzenden Aktivitäten unterlassen sollen.
- Im Wiederholungsfall innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Warn-Mail soll der Provider das Internetvertragsverhältnis für einen Monat suspendieren.
- Bei einer weiteren Urheberrechtsverletzung innerhalb eines halben Jahres soll das Vertragsverhältnis gekündigt werden. Außerdem sieht der französische Ministerrat vor, den Abschluss eines neuen Vertrages bei einem anderen Internet-Anbieter mit einem „zeitlichen Verbot“ zu belegen.
Um den Datenpiraten das Handwerk zu legen, will Frankreich die Internet-Anbieter mit einer legalen Software ausstatten, die automatisch alle PDF-Downloads und -Mails erfasst – und Betrüger konsequent ausfiltert. Mit dem Verfahren will die französische Regierung im Kampf gegen kleinere Internet-Piraten ihre Strafverfolger entlasten, die – wie viele Generalstaatsanwaltschaften in Deutschland – vor der Flut an Strafanzeigen seitens der Urheberrechteinhaber kapitulieren.
Der in Frankreich vom Gesetzgeber in die Wege geleiteten und von dortigen Datenschützern heftig kritisierten Sanktions-Methode liegt eine Vereinbarung zwischen dem Staat, den Internetverprovidern und den Verlagsvertretern zugrunde. Sie wurde am 23. November 2007 im Elysée-Palast unterzeichnet – auch von Staatspräsident Nicolas Sarkozy. „Wenn sich niemand an das Gesetz hält, dann muss man es ändern“, rechtfertigte Sarkozy damals das Engagement, eine erzieherische Maßnahme im Kampf gegen PDF-Datenräuber zu legitimieren. Denn, so der Präsident: „Das bis ins Unendliche reichende Kopieren und Verbreiten von PDF-Dateien hat das Verlagsgeschäft in den vergangenen fünf Jahren in den allmählichen Ruin getrieben. Mit der Entwicklung von elektronischen Zeitschriften droht dem wissenschaftlichen Verlagswesen das gleiche Schicksal wie der Musik.“
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aus den Ruhr-Nachrichten
* anstelle von „Film- oder MusikIndustrie“ wurde „Verlag“ eingesetzt 😉
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