Das im Juli positiv besprochene Lehrbuchportal von Elsevier mit Namen StudentConsult (web-basierte, personalisierbare HTML-Lehrbücher) hat nun einen Ableger bekommen: Die StudentConsult eLibrary ist PDF- und Festplatten-basiert und erlaubt eine Art von Social Networking (gegenseitige Bookmarks und Kommentare). Es handelt sich hierbei um ein – für die eBook-Branche geradezu revolutionär – hochinnovatives Produkt, nicht nur auf der Anwendungsseite. Spannender ist vielmehr die Loslösung vom gedruckten Werk und die Preisgestaltung anhand einer monatlichen Gebühr (~1 Euro pro Buch). Das kennen wir zwar schon von Thieme-Büchern – damals noch im HOS Multimedica Portal -, aber das Angebot richtete sich an Ärzte und für die 14,95 Monatsgebühr (D-Mark) bekam man auch etliche Fachzeitschriften dazu. Hat aber nicht funktioniert.
Im verlagseigenen StudentConsult Blog erdreistete sich vor kurzem der User mixmaxmux zu einer Fundamentalkritik des Geschäftsmodells:
Ich habe neulich ebenfalls versucht die eLibrary zu installieren und dabei gleich Bekanntschaft mit dem meines Erachtens größten Nachteil dieses Produkts gemacht. Die Befristungsdauer der Werbe-DVD war abgelaufen. Was nützt mir ein Buch, wenn ich es nicht in den Schrank stellen und bei Bedarf wieder hervorkramen kann, weil das Haltbarkeitsdatum schlichtweg abgelaufen ist. Ich bin kein Freund derartiger Strategien zur Kundenbindung. Ein Buch stellt für mich ein Wissensspeichermedium dar. Wenn der Kauf eines Produktes schon das nächste Geschäft nach sich zieht, werde ich skeptisch.
Auch wenn diese Kritik etwas an der Oberfläche kratzt, trifft sie einen wunden Punkt in Elsevier’s Lehrbuch-Geschäftsmodell, der gleichmassen auch für die StudentConsult-Bücher gilt: Die Bücher werden nicht erworben sondern für eine begrenzte Zeit lizenziert. Selbst wenn man sie – wie bei der eLibrary – auf der Festplatte hat, laufen die Nutzungsrechte nach einer gewissen Frist ab. Der hier offensichtlich zugrundeliegende Gedanke „Besitze ein Buch nur so lange, wie du es für eine Prüfung brauchst“ entbehrt nicht einer gewissen Logik – aber scheint wohl an den Realitäten etlicher Nutzer vorbeizugehen. Diese gehen in die Bibliothek, kaufen sich lieber die Bücher und geben sie ein Leben lang nicht mehr her (Alle Arztnachlassverwalter der Welt wissen, wovon ich spreche!) oder lassen sich das Buch einfach schenken. Werden stattdessen demnächst StudentConsult eLibrary-Gutscheine unterm Weihnachtsbaum liegen?
Als Bibliothek kann / muß man die Finger von diesen Büchern lassen. Zum einen darf man nicht rubeln und die StudentConsult-Ausgabe an seinen Benutzer-PCs freischalten – das verbietet der Verlag. Zum anderen darf man nicht lizenzieren – das verbietet die Wirtschaftlichkeit. Das aktuelle verbreitete Geschäftsmodell für die Lizenzierung der Bücher (ob SC oder SC-eLibrary) durch Bibliotheken multipliziert die Monatsgebühren mit der Zahl aller Medizinstudenten der Fakultät, was selbst bei 75 Cent pro Buch und Student und Monat schnell eine Summe im sechsstelligen Bereich ergibt. Das gibt das Budget nicht her und hier sind die – profanen, nicht Web 2.0 tauglichen – Lehrbücher von Springer und Thieme erste Wahl. Vielleicht kommt ja Elsevier auch drauf und bietet die Bücher dann ganz einfach als PDF bei ScienceDirect an – auf Preis und Bündelung bin ich gespannt.
Nachtrag: Eine erste grobe Überschlagsrechnung ergibt für uns folgende Preise pro Lehrbuch pro Jahr:
Verlag | Preis |
---|---|
Elsevier | 2.400 € |
Springer | 100 € |
Thieme | 300 € |
2 comments for “Ist das Lehrbuchportal StudentConsult / eLibrary etwas für Bibliotheken?”