Neues von der Front …
Wie ist die Medizin diesmal weggekommen? Nachdem dieses Fachgebiet in den Vorjahren stiefmütterlich behandelt worden war, und viele Verlagspakete geradezu ‚um die Medizin herum‘ gekauft worden waren, waren nicht wenige Stimmen im Vorfeld zu hören, daß „Im Dritten Korb (2006) alles anders und die Medizin einen großen, wenn nicht den größten Raum einnehmen würde.“
Wie sieht es nun aus, ist es Wirklichkeit geworden? Orientiert man sich an der – ersten, noch detaillosen – Liste auf der DFG-Webseite, fällt die Bilanz ernüchternd aus. Die Vorhersage ist nicht eingetroffen, die wichtigen Archive von Wiley und Nature wurden nicht gekauft. Ist die Medizin wieder ein Fachgebiet non grata?
Schaut man sich nur die dort aufgeführten Zeitschriftenarchive an, so sind Elsevier, LWW und Thieme die einzig Neuen mit eventuell medizinischen Inhalten. Bei genaueren Hinsehen besitzt jedoch lediglich Elsevier nennenswerte medizinische Archive (hier finden wir einen kräftigen Zuwachs durch 4 medizinische Collections. Lancet ist jedoch nicht enthalten). Dies erscheint mir zum einen quantitativ (>600 Titel, Jahrgänge ab 1995) der Fall zu sein, aber auch qualitativ: Die LWW- und Thieme-Titel sind wohl nicht so impact-stark wie diejenigen von Elsevier (genauere Informationen und Analysen wären nötig, um dies zu verifizieren). Die Archive der benutzungsstärksten LWW-Titel (die Journals der American Heart Association) sind zudem Open Access.
Bei Taylor & Francis scheint auch wieder um die Medizin herum gekauft worden zu sein, wie die Liste der Fachgebiete (Chemistry/Physics/Education/BME) vermuten läßt. Was ist das kryptische BME? Biomedicine? Business & Management?
Sind die Verhandlungen gescheitert? War der DFG der Preis zu hoch? Vermutungen machen die Runde, keine Presseerklärung informiert über die Hintergründe – schade! Ein weiterer Kritikpunkt ist die sehr späte Entscheidung am Jahresende – für Bibliotheken, die selber Archive kaufen wollten, wurde dies dadurch zu einem Vabanquespiel.
Wie die ZB MED dankenswerterweise mitteilte, hatte sie den LWW-Vertrag (Inhalte bis 2004) und den Thieme-Vertrag (Inhalte bis 2006) abgeschlossen (Details noch nicht unter nationallizenen.de enthalten). Die Bibliotheken können ab Februar um Freischaltung bitten.
Was wäre mir wichtig an Nationallizenzen? Die deutschsprachigen (Facharzt)Springertitel natürlich, der Rest von Elsevier (Lancet!), Wiley und T&F. Das Archiv von Nature 1869-1996 ist auch ein Leckerbissen, ebenso wie die von Blackwell (jetzt Wiley). Man sieht, es fehlt also noch eine ganze Menge in der Medizin.
Und wenn schon Geld für eBooks da ist, dann bitte nicht die Collections von Springer, Thieme und Elsevier vergessen – zuerst allerdings bitte die deutschen Bücher.