2005 war das Jahr der Initiativen zur Archivierung (Langzeitverfügbarkeit klingt in manchen Ohren besser) digitalen Contents wie LOCKSS (Apfel des Monats Oktober), Portico (22.12.), Kopal (by DDB) etc. pp. Angesichts dieser thematischen Ballung scheint die bisher für Medizinbibliotheken wohl lediglich akademische Frage Mitmachen oder machen lassen? eine neue Relevanz zu bekommen. Müssen wir uns in irgendeiner Form an dieser Diskussion beteiligen? Müssen wir aktiv werden und eine der Lösungen installieren? Diverse Nationalbibliotheken archivieren zwar die elektronischen Zeitschriften wichtiger Verlage (DDB: Springer; Koninklijke Bibliotheek: Elsevier) und sichern damit das kulturelle Erbe, aber davon haben wir vor Ort erstmal gar nichts. Nationalbibliothekarische Archive werden nie unsere Nutzer bedienen – das sehe ich nicht. Wir müßten ja unsere Ärzte in den Lesesaal der DDB nach Frankfurt schicken, wenn der Verlag in Konkurs gegangen ist oder die Fachgesellschaft die Zeitschrift nun von Verlag xy herausgeben läßt oder unsere Lizenz keine Archivrechte beinhaltet oder , oder, oder…
Es scheint doch vielmehr so zu sein, dass wir – die lokalen Bibliotheken vor Ort – Sorge und Vorkehrung für den Fall der Fälle tragen müssen, genauso wie wir unsere Bücher vor Hochwasser oder Diebstahl schützen. Die Frage „Wieso haben Sie nicht?“ ist immer die erste, nachdem etwas passiert ist. Was können wir tun, um die eingekauften/lizenzierten digitalen Zeitschriften und Bücher langzeitverfügbar zu machen? Was ist vom Aufwand her für eine Medizinbibliothek vor Ort machbar und „bringt was“?
- Einfach und kostengünstig: Die wichtigen Titeln werden als Kombiabo bezogen, nie e-only. So steht immer ein bewährtes, wenn auch gedrucktes Backup zur Verfügung (die Ärzte müssen also nicht 500km nach Frankfurt, sondern nur 500m zur nächsten Bibliothek – auch manchmal eine Weltreise).
- Einfach, kostspielig?: Rechte für Archive zu kaufen, die von Verlagen betrieben werden (Nature) oder diese vertraglich festschreiben zu lassen (Lippincott/Ovid), kann eine weitere Lösung sein, die allerdings ihre Tücken hat – der Verlag/Aggregator besitzt u.U. nicht alle Rechte an einem Titel oder sein Archiv ist langfristig nicht stabil.
- EDV-Kenntnisse und Bastelarbeit nötig: Die eArchiv-Lösung LOCKSS kann man auch ohne den großen Bruder Uni- oder Nationalbibliothek angehen. Dekanat oder Klinikverwaltung sollten ohne Mühe von den Vorteilen einer solchen Investition überzeugt werden können.
- Kostspielig, da inkl. Migration: Neben LOCKSS muß auch Portico mit ins Boot, wenn man Elsevier-Titel archivieren möchte (Elsevier hat sich ja – aus „technischen Gründen“ – wohl gegen LOCKSS entschieden).
- Es mögen noch weitere Archivlösungen kommen – hoffentlich macht nicht jeder Verlag seine eigene! Hat die Vergangenheit nicht gelehrt, dass kommerzielle Unternehmen kurzlebig sind und nur staatliche/kirchliche eine langfristige Verfügbarkeit gewährleisten? Ich bin kein Historiker und bitte um Aufklärung!
Es bleibt also spannend: Wie hoch sind wohl Portico’s Preise, die im Frühjahr bekanntgegeben werden sollen? Wieviel bezahlen wir jetzt für unsere Archive? Heizung, Wasser, Strom, Miete, … Ein Richtwert mögen die 1 Cent pro Jahr pro Artikel sein, die Nature für seine Archive verlangt. Die Abstimmungsfrage lautet: „Wer soll für die Archivierung von eJournals aufkommen?“, was zwischen den Zeilen bedeutet: „Kann man sich auf „große“ Archivierungslösungen verlassen? oder Wieviel soll eine Medizinbibliothek selber in die Langzeitverfügbarkeit investieren? Oder nach uns die Sintflut?
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