Anne Davis, Lehrerin und Wissenschaftlerin an der Georgia State University, bloggt eine sehr lesenswerte Liste der guten Gründe für den Gebrauch von Weblogs in der Lehre.
Sie argumentiert insbesondere damit, daß Weblogs, und vor allem die Interaktion zwischen Weblogs, einen weiten Raum der Selbst- und Fremdreflexion eröffnen. In und durch Weblogs kommt es zu Gesprächen mit Leuten, denen die selben Themen unter den Nägeln brennen, und nebenher findet und schult man durch solche Gespräche seine “eigene Stimme”. Ich kann Davis’ Liste nur zustimmen und bestreite, daß diese Argumente nur für das Bloggen in einem formal beschränkten Raum des Lernens, wie etwa einem Hochschulstudium, sprechen.
Daß Weblogs in der Lehre – Lehre hier wieder im engeren Sinne – verwendet werden, kommt übrigens selbst im weblog-abstinenten Deutschland häufiger vor als man vermuten könnte. Kürzlich bin ich eher durch Zufall auf dieses Weblog von Bruce Spear gestoßen, in dem offenbar recht intensiv eine Lehrveranstaltung des OSI begleitet wird, einschließlich der Vernetzung mit weiteren Weblogs, die eigenständig von Kursteilnehmern geführt werden. (Virtuelle Fußnote: OSI ist das Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, an deren Bibliothek ich Referendar bin.)
Und was der Mittelstufenlehrer Clarence Fisher, angeregt durch den Wired-Autoren Clive Thompson, über Informationskompetenz bloggt, knüpft hier direkt an:
Entering communities and conversations is something that just is not easy for kids to do. For them to learn how to enter a community, get quickly up – to – speed with the latest information, evaluating all of the content and sifting for the important pieces, is an extremely difficult task.
Immersing kids in the world of information, in RSS, and in Technorati, teaching them to create and use watchlists, sorting through disparate pieces of the information puzzle, and teaching them to capitalize on the power of this network is vital.
Die Überschrift des Beitrags – Reputation is Everything – klingt zunächst merkwürdig, aber es scheint Clarence Fisher nicht um das “Pflegen eines guten Rufs” als Selbstzweck zu gehen. Vielmehr geht es darum, eigene Ideen vernetzt zu verfolgen und weiterzuentwickeln. Die neuartigen Lehr-, Lern-, Entdeckungs- und Empfehlungsnetzwerke in diesem Sinne richtig zu bedienen ist jedoch nicht einfach. Solche Kenntnisse wären Kernbestandteil zeitgemäß gefaßter Informationskompetenz, unabhängig davon, ob diese nun in der Mittelstufe, im Hochschulstudium oder anderswo erlernt werden soll. (Vgl. auch den Beitrag zur Informationskompetenz in Wikis und anderswo.)
Passend zum Thema weist Patrick Danowski auf Regine Schmollings Aufsatz über den Bibliotheksbenutzer 2.0 hin, der im aktuellen Bibliotheksdienst enthalten ist. Sie schildert die gelungene Einführung des Open-Source-LMS StudIP, die an der Universität Bremen unter starker Bibliotheksbeteiligung stattgefunden hat. Natürlich freut es mich, daß Patricks und mein Artikel über die Bibliothek 2.0 in einem solchen Zusammenhang positiv zur Kenntnis genommen wird. Aber ob an der Universität Bremen wohl auch darüber nachgedacht wird, wie sich Studierende und Universitätsangehörige nicht nur untereinander, sondern auch nach “außen” vernetzen könnten, beispielsweise durch Weblogs in der Lehre? Und daß Instrumente wie Weblogs dem eigenen Lernprozeß auch über den Zeitraum des Studiums hinaus eine Kontinuität geben könnten? (Zum Verhältnis von LMS und Social Software sei an die große Präsentation aus Helsinki erinnert.)
[Beitrag von Anne Davis via Judy O’Connell, von Clarence Fisher via Will Richardson]