Heute war der große Open Access-Tag. Ich war extra eine halbe Stunde früher aufgestanden, um noch einen Sitzplatz im kleinen Konferenzraum 2 zu bekommen. Der Moderator Prof. Peter Schirrmacher aus Berlin dankte für die gute Resonanz (mir war nicht klar, ob es ironisch gemeint war). Immerhin gab es eine Internetverbindung und Mikros, die man in der Hand halten konnte, was dazu führte, das die Redner standen und gut sichtbar waren. Herr Scholze aus Stuttgart führte souverän und mit unaufgeregtem Schwäbisch in das Thema ein. Danach wurden drei Einzellösungen vorgestellt: Frau Susanne Dobratz von der HU Berlin präsentierte die Bestrebungen einer Arbeitsgruppe des HU-Präsidiums. Bemerkenswert die 6 Monate, die sie brauchten, um 55 Publikationen (von 2.200 jährlich) auf ihren EDOC-Server zu stellen. Die rechtlichen Abklärungen nahmen viel Zeit in Anspruch, vor allem, da viele geisteswissenschaftliche und deutsche Verlage nicht mal eben schnell in der Romeo-Liste nachgeschaut werden konnten, sondern einzeln kontaktiert werden mußten. Hier soll ein DFG-Projekt Abhilfe schaffen. Norbert Lossau von der UB Bielefeld (demnächst Göttingen) spracht exzellent über seine drei Argumente für Verwaltung und Wissenschaft:
- OA als Präsentation der Exzellenz der Hochschule
- OA als Mittel der Forschungsevaluation
- OA fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit
Für die Wissenschaftler kam noch die größere Sichtbarkeit / Zitierrate und die internationale Kooperation hinzu. In Bielefeld wurde auch (zusammen mit drei Partner, u.a. FU Berlin) das DFG-Projekt einer deutschen Open Access-Informationsplattform beantragt. Angesichts einiger Ausfälle war Herr R. Bertelmann von den Helmholtz-Forschungseinrichtungen kurzfristig ins Programm aufgenommen worden. Sein sympathischer Vortrag, zusammengefaßt: „Wir machen das auch, was alle zur Zeit machen“, brachte kaum Neues. Dann kam gottseidank Leo Waajiers von SURF (Cream of Science) und mischte die Session, die drohte langweilig zu werden, kräftig auf. Wieso sprach erst der 5.Vortragende (und ausgerechnet der erste Ausländer) den Grund für die vielen OA-Aktivitäten an? Der bisherige Transfer des kompletten Copyrights durch die Autoren an die Verlage hat Monopole geschaffen. „Classical publishing do not really like competition.“ Beeindruckend ebenfalls die Geschlossenheit des – nationalen – niederländischen Vorgehens und die Zahlen:
– 61.000 Publikationen im DAREnet
– 100.000 neue OA-Publikationen bis 2000irgendwas
– 207 Wissenschaftler (+30 auf der Warteliste) mit 46.800 Artikeln im Cream of Science (58% Volltext, 25% nur Metadata wg. CC-Probleme, 15% nur gedruckt vorhanden, 2% verloren(!) – nicht bibliographisch nachweisbar)
Frau Dobratz und einige andere schauten etwas verstört ob dieser immensen Zahlen. Waajiers erwähnte zum Schluß noch die politische Ebene, auf der die EU in einer „European Charter on Open Access to publicy funded knowledge“ sich den Prinzipien des freien Zugangs zu EU-finanzierter Forschung und der Verantwortlichkeit von Universitäten und Forschungseinrichtungen, diese öffentlich zugänglich zu machen, verpflichten soll. Erwähnt wurde allerdings schon von Frau Dobratz, dass es aus verfassungs- und dienstrechtlichen Gründen nicht erlaubt ist, Wissenschaftler vorzuschreiben, wo sie zu publizieren haben. Das muß dann schon – wie bei der NIH und bei Wellcome – über die Forschungsgrants laufen. Ich werde nun versuchen, den Schluß der Session mitzubekommen, denn gleich, um 12 Uhr wird das Internetcafé geschlossen und aus ist es mit dem Conference Blogging. 🙁
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